Amazon: Das geht so nicht!

10. April 2013

Nennen wir ihn Peter. Peter ist 58 Jahre alt, hat mal hier und mal da gearbeitet, hat sich nie was zu Schulden kommen lassen und findet nun keinen Job mehr. Die Gründe: zu „alt“, zu schlecht ausgebildet, nicht flexibel genug. Es findet sich ja immer irgendein Grund.

Dann folgt das Übliche: Arbeitsamt, Bewerbungen schreiben, Absagen bekommen und wieder von vorne – monatelang. Dann doch Licht am Ende des Tunnels: Amazon in Graben – endlich wieder arbeiten! Peter freut sich und hofft insgeheim, dass seine Informationen zum Versandhändler übertrieben sind. Die Arbeitsagentur freut sich auch, einer weniger in der Statistik.

Dann beginnt sein Einsatz: Ein Scanner für die Pakete zählt ganz nebenbei auch Peters Schritte, ihm wird leicht schwummrig im Kopf, weil die Dämpfe, die aus den Schuhkartons wabern, Kopfweh verursachen, er läuft 25 Kilometer zwischen den Regallagern in unbequemen Sicherheitsschuhen in einer Schicht. So steht es in der Presse, so sehen wir es im Fernsehen. Darüber sprechen mag kaum jemand.

Ob es sich, wie Amazon versichert, um Einzelfälle handelt oder System dahinter steckt, spielt für mich vom Grundsatz her keine Rolle.

Meine klare Botschaft: das geht so nicht, auch nicht im Einzelfall!

Deutschland ist nach den USA der zweitwichtigste Markt für Amazon, damit haben wir als Verbraucher auch einen gewissen Einfluss, wenn nicht sogar Macht. Mit unserem Kaufverhalten könnten wir Amazon und auch andere große Unternehmen zum Umdenken zwingen, indem wir einfach nicht mehr dort bestellen. Und vor einem Boykott haben viele Unternehmen Angst, nicht nur jene, die eh schon einen schlechten Ruf haben.

Und dann? Ich weiß, was jetzt kommt: Ja, wir brauchen die Arbeitsplätze in der Region. Die Gehälter im unteren Einkommensbereich sind in der Region dank Amazon gestiegen und Amazon ist für manchen die letzte Chance auf einen Arbeitsplatz – ja, das stimmt alles, aber trotzdem muss es Mindeststandards geben. Ansonsten dreht sich die Abwärtsspirale weiter und wir werden die immer mehr auseinander gehende Schere zwischen Arm und Reich nie mehr los.

Es ist entwürdigend, wenn überwacht wird, wie oft ich während der Arbeitszeit die Toilette aufsuche, wie oft ich vorgegebene Wege verlasse oder wann ich „nur stehe“.

Die Würde des Menschen ist unantastbar! Egal, wer er ist, egal, woher er kommt, und egal, wie viel Geld er verdient.

Wer immer unter Leistungsdruck steht, wer nie einen sicheren Arbeitsplatz hat, wer seine Familie von seinem Geld nicht ernähren kann, egal, wie viele Stunden er arbeitet, der wird früher oder später krank, krank an Körper oder Seele. Und dann wird es für uns alle teuer – Unternehmen wie Amazon subventionieren wir indirekt. Zum Beispiel über Maßnahmen, die über die Arbeitsagenturen laufen, damit Amazon Arbeitslose einstellt. Dafür bekommt der Versandhändler einen Lohnzuschuss.

Deshalb brauchen wir dringend:

  • faire Löhne statt Lohndumping, wenigstens aber einen flächendeckenden Mindestlohn von nicht weniger als 8,50 Euro
  • gleichen Lohn für gleiche Arbeit für Festangestellte, Leih- und Zeitarbeiter
  • Leiharbeit nur in Ausnahmefällen bei Auftragsspitzen
  • eine konsequente Kontrolle und Durchsetzung des bestehenden Arbeitsrechtes

Nur am Rande erwähnt: Ein Mindestlohn ist der Lohn, den man mindestens bekommen muss, um davon leben zu können. Das ist nicht bloß eine nach unten beliebige Lohnuntergrenze, wie Schwarz-Gelb sie sich vorstellt. Wir als Sozialdemokraten kämpfen für einen echten Mindestlohn! Flächendeckend!

Und: Herzlichen Glückwunsch an den soeben bei Amazon gewählten Betriebsrat. Eine sicherlich nicht einfache Aufgabe liegt vor den gewählten Frauen und Männern. Wo es möglich ist, werden ich und die SPD sie gerne unterstützen.

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