Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht: Der Pfusch der Bayerischen Staatsregierung
Über ein Jahr ist es her, seit die Pandemie unser Leben fest im Griff hat. Es macht Hoffnung, dass es endlich bemerkbare Fortschritte beim Impfen gibt und immer mehr Menschen ihre Grundrechte wieder wahrnehmen können. Für mich sind es keine "Vorteile", die Geimpfte erhalten, sondern eine Selbstverständlichkeit. Es ist in einer Demokratie nicht haltbar, wenn von Personen keine oder jedenfalls nur eine sehr geringe "Gefahr" der Ansteckung ausgeht, die Freiheitsrechte aus Gründen des Pandemieschutzes weiter einzuschränken. Ich verstehe aber, dass die Situation insbesondere für diejenigen belastend ist, die noch kein Impfangebot erhalten haben oder für die es keine zugelassenen Impfstoffe gibt. Deswegen: „Nicht-Geimpfte“ müssen durch negative Tests die Möglichkeiten haben, trotzdem umfassend am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, ob in Biergärten zu gehen oder auch wieder verstärkt am sportlichen oder kulturellen Leben teilnehmen zu können - und es muss weiterhin alles getan werden, um möglichst viele Impfangebote machen zu können. Ich hoffe außerdem, die ersten guten Nachrichten bestätigen sich und es können bald auch unter 16-Jährige geimpft werden.
Zum Vorgehen der Bayerischen Staatsregierung: Söders Schnellschuss, die bundeseinheitliche Lösung zwei Tage vor dem Bund und vielen anderen Bundesländern in Kraft zu setzen, galt allein seiner Inszenierung in den Medien. An die Tatsache, dass er selbst immer wieder vehement einheitliche Lösungen gefordert hat, kann er sich wohl nicht mehr erinnern. Stattdessen lautet seine Devise: Erst kommt das persönliche Ego, dann die Planung. Wieder einmal werden Polizei, Ordnungsdienste und Gesundheitsämter von der Staatsregierung vor vollendete Tatsachen gestellt: Es gibt keine klaren Vorgaben zur Umsetzung, es ist nicht geklärt, welche Nachweise gebraucht werden oder was genau unter „Corona genesen“ alles verstanden wird.
Öffnungsstrategie: Gut gemeint, aber deshalb noch lange nicht gut gemacht, sind außerdem die Öffnungen beim Tourismus: Ja, es ist richtig, dass bei Inzidenzen von unter 100 wieder touristische Angebote und auch Gastronomie im Freien möglich ist. Aber gerade hier braucht es Planbarkeit – die Abhängigkeit von tagesaktuellen Inzidenzen ist realitätsfern. Viel eher sind hier gesicherte Entscheidungen, die beispielsweise einen Monat lang gelten, notwendig. Für den Schul- und Kita-Betrieb ist mit der Normalisierung für Grundschulen bei einem Inzidenzwert von 165 der erste Schritt getan - ich hätte es aber auch für klar vertretbar gehalten, wenn der höhere Wert für alle Schulen und für den Kita-Normalbetrieb gelten würde, vorausgesetzt, es wird konsequent mindestens zweimal wöchentlich getestet. Leider wurde der Sport bei den Lockerungen fast komplett außen vor gelassen. Es muss viel mehr Breiten- und Vereinssport ermöglicht werden – zunächst und sofort für Kinder und Jugendliche (und zwar nicht nur in Kleingruppen von 5 Kindern) – aber auch zügig für die gesamte Sportausübung. Wir alle wissen, wie wichtig Sport für die Gesundheit, die Psyche und den Zusammenhalt der Gesellschaft ist – für die Staatsregierung gilt das hingegen nur in Sonntagsreden. Und wo sind eigentlich die angekündigten klaren Vorgaben für die Kultur, welche Voraussetzungen für Öffnungen im Bereich der Hygienekonzepte und bei der Zahl der möglichen Zuschauer in den Räumen und im Freien einzuhalten sind?
Es ist kaum zu glauben, welch' ein Pfusch bei Fragen, die nun wirklich nicht unerwartet und plötzlich kommen, von der Staatsregierung abgeliefert wird. Darauf hätte man sich in den letzten Wochen und Monaten vorbereiten können und müssen – anstatt sich täglich im Kampf mit dem CDU-Vorsitzenden Armin Laschet zu inszenieren. Welch ein Glück für Deutschland, dass Söder nicht Bundeskanzler wird – auch wenn wir dann seine Hybris in Bayern noch länger "genießen dürfen".