Dass CSU und SPD an einem Strang ziehen, ist im Landkreis Augsburg neu. Seit einem Jahr nun besteht die „Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Kreistag von Augsburg“ und beide Seiten sind sehr zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen für die Bürgerinnen und Bürger. Es läuft gut, darin sind sich die Fraktionsvorsitzenden Lorenz Müller (CSU) und Harald Güller (SPD) zusammen mit Landrat Martin Sailer (CSU) einig.
Verlässlichkeit, Offenheit und zielorientiertes Arbeiten schätzen die beiden Fraktionen aneinander. „Trotz einiger Störfeuer haben wir uns nicht beirren lassen“, beschreibt Müller das Verhältnis auf einer Pressekonferenz anlässlich der ersten Zwischenbilanz. Die Verlässlichkeit schätzt übrigens auch die Verwaltung im Landratsamt, sie erleichtert den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Arbeitsplanung.
Wie halten wir die Gesellschaft beieinander? Diese Frage ist für Sailer eine entscheidende im Umgang miteinander und dazu zählt auch der Umgang im Kreistag. „Wir pflegen einen guten Stil innerhalb des Kreistags, auch mit den anderen Fraktionen“, so Güller, doch schränkt er gleich ein: „Sofern sie das wollen.“ Damit spielt er auf die fehlende Bereitschaft des Führungstrios der Freien Wähler zur Zusammenarbeit an. „Ein vernünftiges Miteinander hat Signalwirkung, der Kreistag ist ein Spiegelbild der Gesellschaft“, sagt Sailer. Nur miteinander könne man Probleme in Zeiten, in denen kaum noch etwas durchsetzbar sei, lösen.
Für eine gute Entwicklung des Landkreises haben sich CSU und SPD auf mehrere Schwerpunkte geeinigt und man hat im abgelaufenen Arbeitsjahr auch schon mit der Umsetzung begonnen. Mit besonderem Stolz blicken die drei Politiker auf das Gymnasium in Diedorf. Es ist ein Vorzeigeprojekt geworden, produziert mehr Energie als es verbraucht, wurde nur mit umweltverträglichen Materialien erbaut und wird mit offenen Lernlandschaften neue Wege in der Region einschlagen. Bildung hat höchste Priorität, das lässt sich der Landkreis viel kosten. Der Unterhalt jeder einzelnen Schule, die dem Landkreis gehört (15 Stück), kostet pro Jahr 900.000 Euro, hat der Landrat ausrechnen lassen.
Beim Nahverkehr machen CSU und SPD keinen Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Regionen. „Das 500.000-Euro-Paket gibt neuen Linien die Chance, sich im Praxistest zu bewähren, das ist schon etwas Besonderes“, betont Lorenz Müller, der Bürgermeister in Schwabmünchen ist und den Rufbus im Süden des Landkreises als gutes Beispiel herausstellt. Bei den Dritten Gleisen (Ausbau nach Norden bis Meitingen und nach Westen bis Dinkelscherben auf der bisherigen Streckenführung) sind die drei ebenfalls auf gleicher Linie. Bloß keine neuerlichen Diskussionen um Trassenführungen, sonst passiere in den nächsten Jahren gar nichts.
Zusammen wollen die drei mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen: über 300 Wohnungen sollen von der WBL (Wohnungsbaugesellschaft für den Landkreis) bis 2020 gebaut werden. Bisher wurde viel saniert, jetzt sei es Zeit für neue Wohnungen zu vernünftigen Preisen. „Das Begrenzende sind für uns als Landkreis bezahlbare Grundstücke“, erklärt SPD-Fraktionsvorsitzender Harald Güller das Dilemma.
Stolz sind die Politiker auf die Ansiedlung von BMW auf dem Lechfeld. Sailer habe zusammen mit seiner Verwaltung in den Verhandlungen hervorragende Arbeit geleistet, betont Lorenz Müller. Er spricht von einer Leuchtturmfunktion für die Region. Wirtschaftsförderung ist für den Landrat besonders die Unterstützung kleinerer Gemeinden, um Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen. „Investoren wollen schnelle und rechtssichere Auskünfte“, ergänzt CSU-Fraktionsvorsitzender Lorenz Müller.
In ihrer Vereinbarung hatten die beiden Partner noch nicht mit der großen Zahl von Flüchtlingen gerechnet, aber sehr wohl mit Weitblick die Freiwilligenkoordination hineingeschrieben, die nun ein Erfolgsmodell geworden ist und ausgebaut werden soll. „Das haben wir zu einer Zeit gemacht, als der Freistaat noch gedacht hatte, alles würde sich doch von selbst organisieren“, kritisiert Güller, der auch Landtagsabgeordneter der SPD ist, die Staatsregierung. Er habe kaum noch eine Abteilung in seiner Verwaltung, die nicht mit Asylbewerbern befasst sei, erzählt Landrat Martin Sailer und spricht von einer Herkulesaufgabe.
Das Fazit der Pressekonferenz ist unspektakulär, aber solide: Die Zusammenarbeit hat gut angefangen, man wird die Richtung beibehalten. Verlässlichkeit, Offenheit und zielorientiertes Arbeiten – so möchten die Partner in den nächsten Jahren im Kreistag weiterarbeiten, damit der Landkreis mit seinen Bürgerinnen und Bürgern in eine gute Zukunft geht.