Als sportpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion bin ich der Auffassung, dass es möglich und notwendig ist, jetzt sehr bald wieder – zumindest für den Vereinssport – die Rückkehr in die Sportstätten und auf Sportflächen zu ermöglichen. Generelle Sperrungen von Sportflächen mögen in der Vergangenheit zur Eindämmung der Corona-Pandemie sinnvoll und notwendig gewesen sein, aber jetzt haben die Bürgerinnen und Bürger darauf Anspruch, dass statt genereller Verbote die Sachverhalte einzeln betrachtet werden und Verbote damit auch einzeln begründet oder eben aufgehoben werden.
1. Worum geht es
Breitensport (auch Freizeitsport) bezeichnet sportliche Aktivitäten, die hauptsächlich der körperlichen Fitness, dem Ausgleich von Bewegungsmangel sowie dem Spaß am Sport dienen. Breiten- und Freizeitsport findet organisiert (z.B. in Vereinen) oder auch nicht organisiert (informell z.B. Joggen mit dem Nachbarn) statt. Damit grenzt sich der Breitensport vom kommerziellen und auch dem nicht-kommerziellen, trainingsintensiven Leistungs-, Nachwuchsleistungs- und Profisport ab.
Auch im Schulsport wird Breitensport betrieben.
Einige Fragen des Gesundheitsschutzes müssen im Sport anders beantwortet werden als in anderen Bereichen. Meistens ist der Ausstoß von Tröpfchen höher als bei nicht-sportlichen Aktivitäten und wenn dann noch schnelle Bewegungen hinzugerechnet werden, kann es sein, dass ein Mindestabstand von 1,5 Metern nicht ausreichend schützt. Zu berücksichtigen ist auch die Größe der jeweiligen Gruppe von Sporttreibenden. Ein Vorteil bei der Nachverfolgbarkeit von möglichen Infektionen ist beim organisierten Sport mit Übungsleitern gegeben. Hier können z.B. Aufzeichnungspflichten zwar eine Infektion nicht völlig ausschließen, aber die Kontakte sind im Fall der Fälle leichter nachvollziehbar.
Zusammenfassend ist es ganz wichtig, dass der Gesundheitsschutz für jede einzelne Sportart gesondert betrachtet wird. Daraus ergibt sich eine differenzierte Bewertung für die verschiedenen Sportarten.
2. Grundlinie
Wir brauchen an dieser Stelle nicht darüber zu diskutieren und abzuwägen, ob die im Laufe der letzten Wochen getroffenen Entscheidungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in allen Punkten richtig und vertretbar waren. Es ist vielmehr heute festzustellen, dass jetzt ein Paradigmenwechsel im Umgang mit der Corona-Pandemie nötig ist. Das heißt für den Bereich des Sports, dass der Staat abwägen und begründen muss, welche Aktivitäten nach wie vor aufgrund der Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen und der Gesellschaft nicht zulässig sind, welche Sportstätten bzw. Sportflächen daher geschlossen bleiben müssen, nur unter welchen Auflagen Sportstätten bzw. Sportflächen geöffnet werden können und welche sportlichen Aktivitäten auch außerhalb von Sportstätten nicht zulässig sind.
Alle anderen sportlichen Betätigungen sind zulässig – auch und gerade im Verein.
Selbstverständlich gilt dabei, dass Gesundheitsschutz weiterhin oberste Priorität hat. Es muss einen geordneten Übergang zu mehr Normalität geben, der dem Gebot „Geduld und Disziplin“ folgt. Dass daher die getroffenen Maßnahmen und Lockerungen ständig auf ihre Folgen überprüft werden und gegebenenfalls auch eine Nachsteuerung erfolgen muss ist für uns selbstverständlich.
3. Was und wie kann und muss gelockert werden?
Von Beginn der Ausgangsbeschränkungen an waren einzelne sportliche Betätigungen, die man alleine und im Freien ausüben kann, erlaubt. Alle Sportstätten und Sportflächen wurden aber geschlossen. Es hat sich gezeigt, dass die Einhaltung der Distanzregeln beim Sport bisher kaum ein Problem ist und sich alle Sportlerinnen und Sportler umsichtig verhalten haben. Bisher erlaubt sind Laufen, Joggen, Wandern, Wassersport auf natürlichen Gewässern (Schwimmen, Segeln oder Rudern, jedoch nicht Motorboot fahren), Reiten und Radfahren.
Die Definition von Breitensport zeigt aber auch, warum neben dem Individualsport im Freien, jetzt der Vereinssport und der Sport auf oder in Sportanlagen in den Blick genommen werden muss.
Unser Maßstab orientiert sich einerseits an den „Leitplanken“ des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), und daran dem Anspruch der Menschen auf Freiheit gerecht zu werden und daher so viele sportliche Aktivitäten wie möglich wieder zu ermöglichen.
Das bedeutet aber auch, dass für einzelne Sportarten verschiedene Regeln gelten müssen. Beim Boxsport ist es schwieriger die Abstandsregeln einzuhalten als beim Bogenschießen, Doppel sind beim Tennis und Badminton schwierig, Einzel allerdings kann man sich durchaus vorstellen. Trainer mit Mund- und Nasenschutz sind beim Leichtathletiktraining eher denkbar als beim Leichtathleten selbst. Tanzsport in wechselnden Paar-Besetzungen geht schwieriger, als Einzelstunden beim Trainer von Paaren, die sowieso in häuslicher Gemeinschaft leben. Beim Schwimmen oder auch Wasserspringen ist es sicher ein Unterschied, ob „frei“ außerhalb eines Vereins im allgemein geöffneten Bad geschwommen wird oder ob in einer überschaubaren Gruppe eines Vereins in einem speziell geöffneten Bereich eines Frei- oder Hallenbades trainiert wird.
Eine Bandbreite von Gesundheitsschutzregeln und Vorschlägen haben Fachverbände für Badminton, Klettern, Reitsport etc. schon jeweils für sich entwickelt. Die beim DOSB veröffentlichten Papiere sind sicher für andere Sportarten beispielhaft – auch wenn nicht jede einzelne Regel bereits der Weisheit letzter Schluss ist und auch kritisch hinterfragt werden muss. DOSB: Wiedereinstieg in das vereinsbasierte Sporttreiben
4. Beispielhaft Folgerungen für einige Bereiche
Kommunale und Vereinssportanlagen im Freien
Öffnung in den kommenden Wochen für Sportarten, die obige Kriterien erfüllen können. Selbstverständlich derzeit noch ohne Umkleideräume, Duschen und Gastronomie.
Sporthallen
Zu bevorzugen ist natürlich derzeit das Training und die Sportausübung „im Freien“. Das geht aber eben nicht bei allen Sportarten (z.B. Turnen an Ringen, Tischtennis, Badminton, Schützenwesen). Hierzu brauchen wir klare Regeln, wie Hallen schon jetzt in nächster Zukunft geöffnet werden können. Noch akuter für alle Sportarten wird das Problem in Richtung Herbst und natürlich bei längeren „Schlechtwetterphasen“. Bei den Sporthallen ist sicher einiges schon heute sehr schnell möglich. Deshalb müssen jetzt umgehend Regelungen für die baldige Öffnung und den Betrieb für den Vereinssport verbindlich festgelegt und bekanntgemacht werden und den Vereinen Termine genannt werden.
Von der Wegeführung (Hallenzugang, -ausgang), über kleine Trainingsgruppen, Desinfektion, keine Öffnung der Duschen und Umkleiden etc.
Schwimmflächen im Freien und in Hallen
Unabhängig von den notwendigen Überlegungen zur Öffnung von Frei- und Hallenbädern für die allgemeine Benutzung können Schwimmflächen für den Vereinssport unter strengen Hygieneregeln schon viel früher genutzt werden, sofern die Bäder schon wieder für die Nutzung hergerichtet sind.
Mannschaftssportarten und Kontaktsportarten
Alle Mannschaftssportarten (z.B. Fußball, Eishockey, Volleyball, Handball, Basketball), die die Leitplanken des DOSB nicht einhalten können oder auch Individualsportarten, die Vollkontakt der Sportler voraussetzen (z.B. Boxen, Ringen), müssen weiter eingeschränkt bleiben. Allerdings kann auch hier sicher schon sehr schnell mit spezifischen Trainingsformen (z.B. Athletik, Fitness und Technik) in klar definiertem Rahmen auch in Sportstätten bzw. auf Sportflächen begonnen werden.
Ein normaler Liga-Betrieb kommt meist erst sehr viel später in Frage. Bei Team-Sportarten mit einzelnen Spielen bzw. Wettbewerben (z.B. Schützen (auch Bogen), Tennis, Badminton, Tischtennis, Reiten, Stockschützen) kann das schon anders aussehen.
Schulsport/Bewegung in der Schule
Schulsport ist unter den bisherigen Hygieneschutzmaßnahmen in den Schulen nicht erlaubt, Überlegungen zu Bewegung in der Schule sind allerdings gerade jetzt sehr wichtig, wo die Schülerinnen und Schüler das Klassenzimmer nicht verlassen dürfen. Wir müssen bei einer weiteren Öffnung der Schulen integral mitdenken, dass auch bestimmte Bewegungsangebote für die kleineren Klassengruppen möglich sein müssen.
Gesundheits- und Rehasport
Auch Gesundheits- und Rehasport sind zu beachten. Beides ist von entscheidender Bedeutung dafür, dass Erkrankungen nicht entstehen und gegebenenfalls möglichst geheilt, aber zumindest gelindert werden.
Vereine und Fitnessstudios, die mit einer mit den Krankenkassen abrechenbaren Verordnung Kurse anbieten, können durch eine Terminvergabe mit den Patienten Sportangebote machen oder durch digitale Angebote mit den Mitgliedern in Verbindung treten. Grundsätzlich muss hier eine Regelung analog zu den Physiotherapeuten gelten. Allerdings ist die allgemeine Öffnung von Fitnessstudios wegen der enormen Hygieneaufwendungen ein schwieriger Bereich und sollte insgesamt erst später in Angriff genommen werden.
Es ist zu beachten, dass auch in diesem Bereich die Bewegung im Wasser eine große Rolle spielt (vgl. oben Schwimmflächen).
Fitnessstudios
Die Wiedereröffnung von Fitnessstudios wird aufgrund der wechselnden Benutzung der Geräte und dem jeweiligen direkten Kontakt mit dem Trainingsgerät nur mit hohen Anforderungen und viel Disziplin bei deren Umsetzung möglich sein. Hinzu kommt, dass viel Platz notwendig ist, da Abstände sicher deutlich größer als 1,5 Meter sein müssen und viele Geräte daher „gesperrt“ sein müssen. Die Frage von Umkleidesituation und Duschen stellt sich hier auch noch verschärft, sodass es sicher Sinn macht in diesem Bereich weiterhin eher restriktiv zu sein.
Ausnahme: Vgl. Reha- und Gesundheitssport. Und evtl. frühere Öffnung möglich, wenn es sich um Individual-Training, Personal-Training handelt. Gesonderte Überlegungen auch bei den sogenannten Mikrostudios (in der Regel bis 300 Quadratmeter mit Schwerpunkt auf Individual- und Personal-Training – wobei das sogenannte EMS-Training hinsichtlich notwendiger Hygienemaßnahmen sicher noch spezielle Anforderungen stellt).
Einige weitere Beschränkungen, die sofort/bald entfallen können: