Leserbrief zum Schutz von Gewerkschaften

04. September 2015

Im Donaukurier in Ingolstadt bekam kürzlich ein Unternehmer in einem sehr ausführlichen Leserbrief (vier Spalten und ein Foto) die Möglichkeit, gegen die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (BCE) Stimmung zu machen. Beschäftigte wollen in dem Unternehmen Buergo.Fol bei Ingolstadt mit Unterstützung der IG BCE einen Betriebsrat wählen. Franz Schleicher, der Inhaber, schreibt in dem Leserbrief (Nicht der Büttel der Gewerkschaft, 13.8.2015) wörtlich:

„Die Gewerkschaft … hat sich kürzlich mit einigen Neumitgliedern wie eine Laus in meinen Betrieb eingenistet. … der Wahlvorstand, für mich gewählte Strohmänner der BCE, … Für mich hat die Gewerkschaft BCE ein sehr gestörtes Verhältnis zur Demokratie … Nicht alles, was ein Gesetz ermöglicht, ist auch zum Vorteil der Mitarbeiter und von diesen gewünscht. … Das Betriebsverfassungsgesetz ist für mich ein 'Gewerkschaftsgesetz'. Ich habe in 45 Jahren in allen Betrieben ohne Gewerkschaft und ohne Betriebsrat ordentlich agiert. Zum Büttel einer Gewerkschaft lassen sich meine Mitarbeiter und ich mich nicht machen.“

Ich bin der Meinung, dass Gewerkschaften sich gerade solche Betriebe genauer anschauen sollten, denn wer verantwortungsbewusst und wertschätzend mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgeht, hat auch von Gewerkschaften nichts zu „befürchten“.

Weil ich mich maßlos über diesen Leserbrief eines ewig gestrigen Unternehmers aufgeregt habe, habe ich folgenden Leserbrief an den Donaukurier geschrieben, der am 27. August zusammen mit anderen zum gleichen Thema veröffentlicht worden ist:

„Das Betriebsverfassungsgesetz ist ein hohes Gut in Deutschland und es hat lange und intensive Kämpfe um dieses Gesetz gegeben. Es hat die Rechte der Arbeitnehmer in erheblichem Maße gestärkt – auch zum Wohle der Arbeitgeber, denn mit Ausbeutung alleine kann man auf lange Sicht keine Firma betreiben. Arbeitgeber wie Herr Schleicher, die das nicht einsehen und ein seltsames Verständnis von demokratischen Strukturen in Betrieben haben, leben noch in einer Welt lang vor unserer Zeit und leisten mit ihrer Abwehrhaltung der Ausbeutung von Arbeitnehmern Vorschub. Vertrauensvolle Zusammenarbeit ist mit solchen Menschen in einem Betrieb nicht möglich, egal ob mit oder ohne Gewerkschaft. Wer Gewerkschaften und deren Mitglieder als 'Laus in meinem Betrieb' bezeichnet und glaubt, sich selbstherrlich über das Betriebsverfassungsgesetz hinwegsetzen zu können, der disqualifiziert sich als Firmen-Inhaber und sollte mal darüber nachdenken, ob er der Richtige ist, die Firma in eine gute Zukunft zu führen. Die IG BCE will Unternehmen nicht kaputtmachen, sondern die Rechte der Beschäftigten stützen und zwar zum Wohle der Arbeitnehmer und genauso zum Wohle der Arbeitgeber.“

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