Tunesische Demokratie stärken

31. März 2017

Tunesien gilt oft als die einzige Demokratie in der arabischen Welt, aber eine wackelige. Bayern will das Land auf seinem Weg zu mehr Stabilität unterstützen. Deshalb reisten Vertreter des Bayerischen Landtags unter Leitung der Landtagspräsidentin nach Tunesien. Unter ihnen die beiden Augsburger Abgeordneten Christine Kamm (Bündnis 90/Die Grünen) und Harald Güller (SPD).

Ein Schwerpunkt der Gespräche war die Ausbildung junger Tunesier, damit sie eine Perspektive in ihrem eigenen Land haben und nicht nach Europa auswandern oder sich gar radikalisieren. „Die jungen Menschen in Tunesien sind sehr unzufrieden mit der wirtschaftlichen Situation und vor allem auch mit ihren persönlichen Chancen, einen guten Job zu bekommen. Wir wollen helfen, dass die Demokratie weiter wachsen und stabiler werden kann und dass die Jugendarbeitslosigkeit sinkt“, erklärte Harald Güller nach seiner Rückkehr. Je nachdem, wen man fragt, schwanken die Angaben über die Arbeitslosenzahlen bei jungen Menschen stark. Im Raum stehen Angaben von bis zu 50 Prozent der Schulabgänger, die keinen Arbeitsplatz bekommen. Auch im akademischen Bereich sieht die Situation nicht viel besser aus. Eines steht jedoch fest: die Zahlen sind viel zu hoch. Ein besonderes Problem ist auch die offenbar noch schlechtere Situation von gut ausgebildeten jungen Frauen.

Tunesienreis 2

Wer einen guten Schulabschluss hat, kann trotzdem nicht mit einem sicheren Job rechnen. „Das bewährte deutsche System mit der Berufsausbildung in Berufsschule und Betrieb kennt man in Tunesien kaum, das soll sich mit Hilfe Bayerns nun ändern“, berichtete Christine Kamm. Beim Besuch von zwei Vorzeigefirmen, eine stellt unter anderem Kabelbäume für BMW her, kam die Idee auf, junge Studenten nach Bayern einzuladen, um ihnen das deutsche Bildungssystem, den bayerischen Alltag und die demokratischen Strukturen Bayerns zu zeigen. „Außerdem werden wir in den kommenden Monaten prüfen, wie wir in Bayern, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft, helfen können Ausbilder für duale Ausbildung zu qualifizieren“, so Harald Güller.

Solche Informationsreisen haben übrigens nichts mit Urlaub zu tun. Ein Blick ins Programm der Tunesienreise zeigt das: Montagabend Ankunft in Tunis, Gespräch mit dem deutschen Botschafter, Dienstag Besuch der Versammlung der Volksvertreter mit Begrüßung durch den Präsidenten, anschließend sogar ein Gespräch mit dem Präsidenten der Tunesischen Republik, danach Treffen mit der Tunesisch-Deutschen Freundschaftsgruppe, mit einem tunesischen Minister und einer Staatssekretärin, anschließend Treffen in der Deutsch-Tunesischen Industrie- und Handelskammer, Gespräch mit Vertretern tunesisch-bayerischer Unternehmen und am Ende eines langen Tages noch ein Treffen mit dem Regionalbeauftragten der Hanns-Seidel-Stiftung Tunesien/Algerien/Libyen und mit ausgewählten Projektpartnern. So geht es bis zum Ende der Reise weiter.

Die beiden Augsburger Politiker betonten nach der Reise, dass bayerische Unterstützung Tunesiens nicht am Geld scheitern dürfe, weil es erstens nicht viel kosten werde und zweitens eine gut funktionierende Demokratie auch positive Auswirkungen auf die Nachbarländer haben könnte, was letztendlich auch Bayern, Deutschland und Europa zugutekommt. Nach den Unruhen und Anschlägen, zum Beispiel 2011, sei Tunesien heute weithin ein sicheres Land, doch der Tourismus leide noch immer unter den Auswirkungen von damals, bedauern Kamm und Güller: „Das Land braucht aber auch europäische Urlauber, Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle und würde auch wieder viele Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.“

Teilen