Im Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung des Landesbankskandals von Februar 2010 bis März 2011 war ich stellvertretender Ausschussvorsitzender und habe zudem federführend mit meiner Landtagskollegin Inge Aures den „Minderheitenbericht“ verfasst. Hat der Untersuchungsausschuss etwas gebracht oder war es nur ein politisches Ritual, welches das Thema für ein Jahr in den Medien gehalten hat?
Ich bin mir fast sicher, dass solche Hochrisiko- und auch Fehlentscheidungen in der Landesbank unter Hauptverantwortung der Staatsregierung, mit Milliardenschaden für die Bürgerinnen und Bürger des Freistaats, heute nicht mehr möglich wären. Und das Ganze damals ohne vorherige detaillierte Information oder gar Beteiligung des Landtags. Inzwischen wurden die Aufsichtsgremien der Landesbank umstrukturiert, auch wenn ich mir hier noch weitergehende Änderungen gewünscht hätte. Der Landtag wird über den Haushaltsausschuss (bzw. wurde zumindest bis zum Ende der letzten Legislaturperiode 2024) in öffentlichen, nicht-öffentlichen und teilweise sogar als „geheim“ eingestuften Sitzungen über die Lage und Geschäftspolitik der Landesbank informiert und kann dann auch Beschlüsse in Richtung Staatsregierung fassen.
Was nicht gelungen ist, dass zivilrechtlich Schadensersatzansprüche für den Freistaat gegenüber damals politisch Verantwortlichen durchgesetzt wurden. Und trotzdem hat bereits die harte politische Auseinandersetzung über Schadensersatzansprüche im Untersuchungsausschuss dazu geführt, dass sich das Verhalten von Verantwortlichen der Staatsregierung geändert hat. Dass wie damals, z.B. ein CSU-Minister auf mehr als der Hälfte der Sitzungen des Verwaltungsrats der Landesbank erst gar nicht anwesend war und seine Verantwortung für solche wichtigen Entscheidungen nicht wahrgenommen hat, halte ich heute ohne Konsequenzen für nicht mehr möglich.
Der Untersuchungsausschuss hat es auch mit einer intensiven, begleitenden Berichterstattung der Medien und weiteren eigenen Recherchen der Medien zumindest ein klein wenig geschafft, dass die Verantwortung für das Geld des Freistaats und damit aller Bürgerinnen und Bürger in den vielen Beteiligungen des Freistaats Bayern heute intensiver wahrgenommen wird. Das heißt natürlich leider nicht, dass es nicht weiterhin Fehler und auch Geldverschwendung, z.B. durch politisch motivierte Entscheidungen oder schlicht Schlamperei in den staatlichen Unternehmen gibt. Aber der Maßstab und der Umfang für die Wahrnehmung von Verantwortung ist deutlich nach oben korrigiert worden. Beteiligungsbericht des Freistaats Bayern
Schade, dass die damalige CSU-FDP-Mehrheit im Untersuchungsausschuss nicht bereit war, auch nur einen Punkt der Feststellungen aus Sicht der Opposition zu übernehmen, sobald es um politische Entscheidungsträger aus den Reihen der CSU ging. Aber auch hier gilt: gut, dass Opposition auf Dauer wirkt und sei es „nur“ über den Weg des Minderheitenberichts.
In den 90ern und Anfang des neuen Jahrtausends ging die Bayerische Landesbank (BLB) auf einen risikoreichen Expansionskurs vor allem in Richtung Ost-Europa mit, z.B. einer Beteiligung an der Ungarischen MKB-Bank und dann zentral im Jahr 2007 der Mehrheitsbeteiligung an der Hypo Group Alpe-Adria (HGAA) in Kärnten mit ihrer Orientierung aus Süd-Ost-Europa, ein. Die HGAA hatte damals eine hohe Beteiligung des Landes Kärnten unter dem rechtslastigen Landeshauptmann Jörg Haider. Die Kernaufgaben der BLB als Landesbank für Bayern und auch als Institut für das Sparkassenwesen traten dabei völlig in den Hintergrund.
Am Ende stand die Notverstaatlichung der HGAA durch die Republik Österreich. Das „Abenteuer“ um die Kärntner Skandalbank hat im Haushalt des Freistaats Bayern einen riesigen Schaden in Milliardenhöhe verursacht. Bis Ende 2020 mussten alleine schon 3,41 Milliarden Euro (3.410.000.000 €) an Zinsen vom Freistaat bezahlt werden. Hinzu kommen (Wert 2017) 7,5 Milliarden Euro an Krediten an die BLB und der Verlust in Milliardenhöhe, welche die Landesbank selbst gemacht hat.
Und auch die MKB-Bank in Ungarn musste am Ende im Jahr 2014 mit einem hohen dreistelligen Millionenverlust an den ungarischen Staat unter Viktor Orban abgegeben werden. Der Verkauf „erbrachte“ 55 Millionen Euro, wobei im Gegenzug auf Forderungen in Höhe von 270 Millionen Euro verzichtet wurde. Zudem musste die Landesbank bereits Ende 2013 einen höheren dreistelligen Millionenbetrag zuschießen.
Der Kurs der mehrheitlich dem Freistaat Bayern gehörenden Landesbank (weiterer Eigentümer: das Bayerische Sparkassenwesen) wurde neben dem Bankvorstand im wesentlichen vom damaligen Aufsichtsgremium, dem Verwaltungsrat, bestimmt. Diesem gehörten, u.a. der Bay. Finanzminister (Faltlhauser), der Innenminister (Beckstein) und weitere drei Vertreter bayerischer Ministerien, aber auch fünf Vertreter aus dem Sparkassen-Bereich, an. Großen Einfluss auf die Ausrichtung der BLB hatte damit natürlich auch der damalige Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Es war eine Zeit politischen Größenwahns der Verantwortlichen. Die Landesbank wurde zu einem Prestigeobjekt der Staatsregierung und sollte immer mehr wachsen. „Als scheidender Ministerpräsident beabsichtigte Dr. Stoiber, sich damit ein Denkmal zu setzen und nahm dabei in Kauf, dass die BayernLB ihre Leistungsfähigkeit maßlos überschätzte und schließlich an der Skandalbank HGAA scheiterte.“ (Minderheitenbericht des Untersuchungsausschusses Drs. 16/7500 S. 282).
Wer sich detaillierter informieren möchte, der kann sich auch noch informieren im 298 Seiten dicken Abschlussbericht (Landtagsdrucksache 16/7500). Darin werden die skandalösen Vorgänge beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria durch die Bayerische Landesbank detailliert geschildert.
Im Minderheitenbericht ab Seite 125 werden die Verantwortlichkeiten der CSU-Verwaltungsräte und des Bankvorstandes klar benannt und es werden Konsequenzen gefordert: "Der Untersuchungsausschuss hat festgestellt, dass die am Erwerb der HGAA beteiligten Verwaltungsräte, ebenso wie die Vorstände, grob fahrlässig gehandelt haben, weil sie gegen ihre Aufsichts-, Kontroll-, und Sorgfaltspflichten verstoßen haben. Daraus ergibt sich, dass gegen beide Organe zivilrechtliche Haftungsansprüche gerichtlich zu klären sind."
CSU-Politiker haben sich aus Größenwahn über den Tisch ziehen lassen. Die Verwaltungsräte der Bayerischen Landesbank sollten künftig für Fehler persönlich haften – egal, ob sie vorsätzlich, grob fahrlässig oder fahrlässig gehandelt haben. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die SPD zusammen mit Freien Wählern und Grünen damals im Landtag eingebracht hat. Denn einen solchen Skandal darf es nie wieder geben! Politiker, die sich in Gremien wählen lassen, müssen sich ihrer herausragenden Verantwortung bewusst sein und dürfen ihre Informationspflicht nicht vernachlässigen – eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Eine weitere Folge des Landesbankskandals war, dass die BLB – ausdrücklich mit Unterstützung des heutigen Ministerpräsidenten und damaligen Finanzministers Söder – im Jahr 2013 insgesamt fast 33.000 Wohnungen der Gemeinnützigen Bayerischen Wohnungsgesellschaft (GBW) an Private verkauft hat. Damit haben ca. 85.000 Mieterinnen und Mieter in Bayern die GBW als soziale Vermieterin mit vergleichsweise günstigen Mieten verloren und wurden einfach den Finanzinteressen der neuen Eigentümer ausgeliefert. Und das, obwohl es zumindest noch die Alternative der Verkaufs an ein Konsortium von Kommunen (u.a. der Stadt München) gegeben hätte.
… aber das ist ein weiterer Skandal der CSU-Regierungen in Bayern und ausdrücklich auch ein Versagen des heutigen Ministerpräsidenten.